Das ABC, das 1×1, die Basics – die wichtigsten Punkte für Anfänger und Fortgeschrittene, um das eigene Aquaponic-System an den Start zu bringen.
Alle Punkte, die hier genannt und aufgeführt werden, sind Bereiche aus der eigenen Erfahrung kombiniert mit Wissen aus Fachliteratur.
Von A bis Z wird hier insbesondere auf praxisnahe Probleme bzw. auf die Problemlösung eingegangen. Diese Übersicht versteht sich nicht als reine Erklärung von Fachbegriffen (Glossar).
Darüber hinaus findest du ergänzende Artikel und Beiträge, zum Beispiel hier zum Thema Anzucht.
A wie Algen
Früher oder später werden sich Algen im Aquaponic-System ausbreiten. Dies ist leider unumgänglich, aber nicht weiter schlimm. Insbesondere dort, wo direkte Sonneneinstrahlung auf feuchte und/oder nasse Oberflächen trifft, entstehen Algen. Gepaart mit dem nährstoffreichen Wasser aus dem System, stellt die Umgebung ein wahres Paradies für Algen dar.
Bis zu einem gewissen Maße dienen Algen den Fischen als Futter. Sollten die Algen Überhand nehmen, sollte über eine Abdunklung des Fischbeckens nachgedacht werden. Regelmäßiges Austauschen des Wassers von etwa einem Drittel kann ebenfalls helfen.
Falsch hingegen ist eine Bekämpfung der Algen mit Chemikalien (Algenvernichter). Dies tötet zwar die Algen, aber ebenso Fische, Pflanzen und möglicherweise das gesamte Ökosystem.
B wie Bio-Filter
Neulinge in der Aquaponic fragen sich des Öfteren, warum – ähnlich wie bei einem Aquarium – kein Filter eingesetzt werden muss. Die Antwort auf diese Frage stellen die Pflanzen des Aquaponic-Systems dar.
Die Pflanzen nehmen das im Wasser gelöste Nitrat auf und “reinigen” somit das Wasser. Sie sind dementsprechend der Filter des Wassers – ein biologischer Filter. Ein weiterer mechanischer Filter wie in einem Aquarium ist daher nicht notwendig.
C wie Cycling
Nein, hier geht es nicht um Fahrräder, sondern um den Kreislauf der Nitrifikation. Erst dann, wenn sich die nützlichen Bakterien (Nitrosomonas und Nitrobacter) im System angesiedelt haben und in der Lage sind, Ammoniak und Nitrit vollständig in Nitrat umzuwandeln, wird in der Fachsprache davon gesprochen, dass das System gecycled ist. Ab diesem Zeitpunkt können Fische ins Fischbecken gesetzt werden.
Leitungswasser – als Gegenbeispiel – enthält keine der für die Aquaponic notwendigen Bakterien. Würde demnach reines Leitungswasser im System fließen und Fische hinzugegeben werden, würden die Fische aufgrund ihrer eigenen Ausscheidungen und dem entstehenden Ammoniak innerhalb weniger Tage sterben.
D wie Design
Unabhängig davon, für welches System sich entscheiden wurde, sollte bei der Planung des Designs darauf geachtet werden, dass die verbauten Teile erreichbar bleiben. Dies ist später wichtig für die Reinigung und Wartung des Systems.
Ebenso sollten alle Bereiche im Fischbecken einsehbar bleiben, damit ein verstorbener Fisch nicht unentdeckt bleibt.
E wie Eingewöhnungsphase
Wenn eine Pflanze nach der Anzucht zum ersten Mal ins Aquaponic-System eingepflanzt wird, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Pflanze “traurig aussieht”, Triebe und Blätter herunterhängen oder sogar eingehen. Dies ist nichts Ungewöhnliches, da sich die Pflanze zuerst an die neue Situation gewöhnen und anpassen muss. Mitunter kann dieser Prozess sogar über zwei Wochen dauern.
Die kürzeste Eingewöhnungsphase haben erfahrungsgemäß Salate. Eine recht lange Eingewöhnungsphase haben Erdbeerpflanzen.
F wie Fischbesatzdichte
Fische sind Lebewesen. Die Fische in einem Aquaponic-System verbringen mitunter ihre gesamte Lebenszeit dort. Aus diesem Grund sollte der Lebensraum der Fische so angenehm und komfortabel wie möglich gestaltet werden.
Neben der Dekoration sowie Versteckmöglichkeiten ist diesbezüglich die Fischbesatzdichte (engl.: Fish Stocking Density) zu beachten. Dabei sollte nicht nur die aktuelle Fischgröße, sondern die Fischgröße im Falle der Maximalgröße berücksichtigt werden.
In der Aquaristik haben sich folgende Richtwerte behauptet:
- unter 2 cm Fischlänge 1 Liter je cm Fischlänge
- von 2 cm bis 5 cm Fischlänge 1,5 Liter je cm Fischlänge
- von 5 cm bis 10 cm Fischlänge 2 Liter je cm Fischlänge
- von 10 cm bis 15 cm Fischlänge 3 Liter je cm Fischlänge
- von 15 cm und mehr Fischlänge 4 Liter je cm Fischlänge
Beispiel Goldfische:
Goldfische erreichen je nach Zuchtform eine Größe von 20 bis 35 Zentimetern. Bei vier Litern je Zentimeter Fischlänge ergibt dies ein Volumen von 80 bis 140 Litern pro Fisch.
In ein Fischbecken von 1.000 Litern passen demnach 7 bis 12 Fische.
G wie Glockensifon
Ein Glockensifon (engl.: Bell Siphon) kommt in einem Flood-and-Drain-System zum Einsatz. Er sorgt dafür, dass ein Pflanztisch automatisch geleert wird, sobald die maximale Wasserhöhe erreicht wurde.
Das besondere am Glockensifon ist, dass hierfür keine Elektronik notwendig ist, sondern rein mechanisch mithilfe eines Vakuums funktioniert.
H wie Hardware
Ähnlich wie bei einem Computer kann ein Aquaponic-System nur dann funktionieren, wenn die Hardware funktioniert. Zur Hardware gehören alle fixen Teile, wie das Fischbecken, die Pflanztische, die Rohre, die Pumpe und natürlich das Wasser, welches im System zirkuliert. Erst dann können lebende Organismen – insbesondere die Fische – ins System integriert werden.
Des Weiteren sollten stark beanspruchte Teile ausgetauscht werden, bevor sie vollends defekt sind und möglicherweise das gesamte System und das daran befindliche Leben zerstören.
Aus diesem Grund ist es hilfreich und mitunter notwendig, dass Ersatzteile, beispielsweise eine Ersatzpumpe, griffbereit vorhanden sind, falls die aktuelle Pumpe ausfällt. In der Regel geht eine Pumpe immer dann kaputt, wenn der möglichst schlechteste Zeitpunkt dafür eingetroffen ist. Zum Beispiel in der Nacht von Samstag auf Sonntag und erst Montagmorgen wieder die Läden öffnen.
I wie Insekten
Es dauert nur wenige Tage, bis die ersten Insekten den Weg zu Deinem Aquaponic-System gefunden haben. Spinnen, Fliegen und Mücken sind weniger problematisch und können sogar als Futter für die Fische dienen.
Blattläuse und Co., sind allerdings Schädlinge, die deine Ernte ruinieren könnten.
Wichtig ist, dass niemals zur Chemie gegriffen wird. Dies würde das ökologische Gleichgewicht des Aquaponic-Systems zerstören sowie möglicherweise die Fische und Pflanzen töten.
Besser sind naturnahe Lösungen wie beispielsweise ein Zwiebel-Knoblauch-Sud, mit dem die Pflanzen eingesprüht werden, oder Marienkäfer, die die kleinen Blattläuse als Leibgericht ansehen. Ein einzelner Marienkäfer verspeist bis zu 150 Blattläuse pro Tag.
K wie Klemper
Tatsächlich fühlen sich einige Besitzer von Aquaponic-Systemen weniger als Gärtner, sondern vielmehr als Klempner. Regelmäßiges Einkaufen von Rohren im Baumarkt ist nur ein Aspekt.
Das Verlegen der Rohre (engl.: Plumbing) ist möglicherweise der Aspekt in der Aquaponic, der den größten Spielraum für eigene Kreationen lässt – Sifone, Gravitation, Fließgeschwindigkeit, Fallhöhe, Unter- und Überdruck u.v.m.
Lavakies
Lavakies soll an dieser Stelle als Empfehlung des Grow Mediums innerhalb der Pflanztische dienen, da damit bisher die besten Erfahrungen gemacht wurden.
Lavakies ist in allen handelsüblichen Baumärkten vorhanden, ist relativ günstig, pH-neutral und verrottet nicht. Darüber hinaus besitzt es eine poröse Außenschicht, was ideal für die Bakterien ist.
Alternativen zum Lavakies sind Zierkies und Blähton.
N wie Nitrifikation
Zwar Wiederholung, darf hier aber nicht fehlen: Als Nitrifikation (oder auch Stickstoffzyklus) wird die bakterielle Oxidation von Ammoniak bezeichnet. Das durch die Abfälle der Fische und Pflanzen entstehende Ammoniak wird durch zwei Bakteriengruppen zuerst in Nitrit und anschließend in Nitrat umgewandelt. Dieses Nitrat ist der natürliche Dünger der Pflanzen.
Hier noch einmal das Modell der Nitrifikation vereinfacht dargestellt:
P wie pH-Wert
Wohl demjenigen, der im Chemieunterricht aufgepasst hat.
Der pH-Wert ist ein Maß zur Bestimmung eines sauren oder basischen Charakters einer wässrigen Lösung (engl.: pH = Power of Hydrogen).
Skaliert wird hier von 0 bis 14, wobei die Bereiche 0 bis 6 als saures Milieu und 8 bis 14 als basisches Milieu gelten. Ein pH-Wert von 7 stellt ein neutrales Milieu dar. Interessant ist hierbei, dass diese Skalierung logarithmisch ist, d. h. jede Stufe ist 10-mal mehr sauer/basisch als die vorherige.
Beispiel:
Ein pH-Wert von 5 ist 10-mal saurer als ein pH-Wert von 6. Ein pH-Wert von 4 ist 100-mal saurer als ein pH-Wert von 6. Dementsprechend sind bereits kleine Veränderungen des pH-Wertes große Veränderungen innerhalb der Lösung.
Fische fühlen sich am wohlsten bei einem pH-Wert zwischen 6,5 und 8.
Bakterien vermehren sich am besten bei einem pH-Wert zwischen 6 und 8.
Pflanzen bevorzugen zur optimalen Nährstoffaufnahme einen pH-Wert zwischen 5 und 7.
Ein geeigneter Kompromiss aller drei Komponenten ist dementsprechend ein pH-Wert zwischen 6,5 und 7.
Q wie Quotient Fischbecken zu Pflanztisch
In der Fachliteratur zum Thema Aquaponic wird für Anfänger ein Quotient beim Volumen des Fischbeckens zum Volumen des Pflanztisches von 1:1 empfohlen. Dieser Empfehlung möchten wir uns anschließen.
Zu beachten ist eine artgerechte Haltung der Fische (siehe F wie Fischbesatzdichte).
Darüber hinaus sollte die Pumpe das gesamte Wasser des Fischbeckens einmal pro Stunde komplett umgewälzt haben.
R wie Reinheit
Das Wasser im Aquaponic-System sollte so rein wie möglich sein. Damit sind weniger die im Wasser befindlichen Schwebstoffe, sondern die mikroskopisch kleinen Teile gemeint, die für das menschliche Auge unsichtbar sind. Dazu gehören Bakterien, Viren, Schwermetalle und andere Chemikalien.
Eine hundertprozentige Reinheit ist praktisch schwierig zu erreichen. Dennoch sollte versucht werden, das Wasser so frei von schädlichen Stoffen zu halten, wie irgendwie möglich.
Wichtig zu bedenken ist, dass trotz aller Verordnungen und Kontrollen das Wasser aus unseren Leitungen nicht zu 100 Prozent rein ist. Mitunter zu viel Kalk, dazu Rost aus den Rohren und Rückstände antibiotischer Stoffe und Hormone. All das gelangt ins Aquaponic-System bei der Verwendung von Leitungswasser.
Darüber hinaus ist der pH-Wert (siehe P wie pH-Wert), die Temperatur des Wassers sowie die Bildung der nützlichen Bakterien (siehe C wie Cycling) zu beachten.
Erst bei nahezu optimalen Wasserbedingungen fühlen sich Fische und Pflanzen vollends wohl.
S wie Sauerstoff
Ein weiterer wichtiger Bestandteil im Wasser eines Aquaponic-Systems ist Sauerstoff, damit die Lebewesen, die sich innerhalb des Systems befinden, atmen können. Ja, auch Fische atmen Sauerstoff. Genauso wie der Mensch.
Fische nehmen den im Wasser gelösten Sauerstoff über die Kiemen auf. Ebenso benötigen die Bakterien Sauerstoff zum Überleben. Auch die Pflanzen und deren Wurzeln brauchen Sauerstoff.
Es wird also deutlich: Je mehr Sauerstoff sich im Wasser befindet, desto besser ist es für alle beteiligten Lebewesen.
Bewegung, Strömung, Luftblasen, Durchbrechen der Wasseroberflächenspannung – all das bringt Sauerstoff ins Wasser.
Theoretisch gibt es einen Sättigungspunkt, an dem “zu viel” Sauerstoff im Wasser sein kann, aber dieser Punkt ist praktisch ohne technische Hilfsmittel nicht zu erreichen und kann somit ignoriert werden. Bedeutet für uns: Je mehr Sauerstoff, desto besser.