Aquaponic-System ist nicht gleich Aquaponic-System. Es gibt unterschiedliche Systeme mit unterschiedlichem Aufbau, unterschiedlichen Materialien und unterschiedlichen Konzepten. Das Grundprinzip des nahezu geschlossenen Kreislaufs innerhalb eines symbiotischen Ökosystems bleibt bei allen Systemen erhalten.
Bevor aber im folgenden Artikel auf die Unterschiede eingegangen wird, sollen drei Aspekte hervorgehoben werden, die vor und bei der Planung des eigenen Systems beachtet werden sollten:
1) Es gibt nicht das eine oder das richtige System
Jedes System hat seine eigenen Vor- und Nachteile – sowohl im Technischen als auch in der Preisfrage. Ebenso sind verschiedene Systeme besser für bestimmte Pflanzen geeignet als andere. Nicht zuletzt ist es eine Frage des persönlichen Geschmacks.
Es kann daher unter keinen Umständen von dem perfekten System oder von dem “richtigen” System gesprochen werden.
2) Jedes System ist individuell
Die hier vorgestellten Modelle sind rein theoretischer Natur. In der Praxis kann es selbst bei ein und demselben System noch Unterschiede geben. Der Kreativität sind in der Regel keine Grenzen gesetzt und dies ist nicht zuletzt einer der wichtigsten Punkte, warum Aquaponic ein so interessantes Thema ist. In vielen ausgereiften Aquaponic-Systemen werden sogar mehrere Einzelsysteme miteinander kombiniert.
3) Kein System ist für immer
Die Entscheidung für oder gegen eines der aufgezeigten Systeme ist nicht in Stein gemeißelt. Die Zeit wird zeigen, ob dir das gewählte System gefällt, es werden Optimierungen vorgenommen oder sogar komplett neu gestaltet. Insbesondere beim allerersten Aquaponic-System werden mit hoher Wahrscheinlichkeit einige Fehler gemacht, die sich beim zweiten oder dritten Mal vermeiden lassen. Nobody is perfect.
Nun aber die vier (Haupt-) Systeme im Überblick
Flood & Drain bzw. Steady Flow System
Flood & Drain steht für Ebbe und Flut. Hierbei wird das Pflanzbecken bis zu einem gewissen Punkt mit Wasser gefüllt und anschließend läuft es komplett wieder ab. Dies kann entweder elektrisch mithilfe einer Zeitschaltuhr an der Pumpe oder mechanisch durch einen sogenannten Glockensifon (engl. Bell Siphon) realisiert werden.
Steady Flow bedeutet regelmäßiger, gleichmäßiger Fluss. Anders als beim System mit Ebbe und Flut bleibt hier der Wasserpegel in allen vorhandenen Becken konstant.
Beide Varianten haben einen ähnlichen Aufbau, bei dem das Fischbecken (oder Fischtank) getrennt vom Pflanztisch aufgebaut wird. Die Pumpe befördert hat Wasser aus dem Fischbecken in den Pflanztisch und von dort fließt das Wasser zurück.
Der lebensnotwendige im Wasser gelöste Sauerstoff (engl. Dissolved Oxygen, kurz DO) gelangt überall da ins Wasser, wo durch herabfallendes Wasser die Wasseroberfläche durchbrochen wird. Vereinfacht formuliert: Je mehr Geplätscher, desto mehr Sauerstoff. Je mehr Sauerstoff, desto besser.
Eine Besonderheit gibt es außerdem: Anders als in der herkömmlichen Landwirtschaft wachsen die Pflanzen nicht in Erde, Humus, Kompost o. ä., sondern beispielsweise in Kies oder Blähton. So haben die Pflanzen einen festen Halt und das Wasser kann zwischen den Hohlräumen des Materials fließen. Handelsübliche Blumen- oder Gartenerde würde durch das Wasser mitgeschwemmt werden.
Insbesondere Salate und Kräuter wachsen in diesem System ganz besonders gut.
Nutrient Film Technique (NFT)
Dieses System wird insbesondere in der Hydroponic genutzt. In der Aquaponic findet es aber ebenso Verwendung. In der Regel wird hierbei auf Pflanztische mit Kies o. ä. verzichtet und stattdessen ein Aufbau mit PVC-Rohren verwendet
In dieses PVC-Rohr werden Löcher gebohrt, in denen spezielle Pflanztöpfe Platz finden. Zusammen mit einer Handvoll Kies oder Blähton werden dann die Pflanzen in diese Töpfe gesteckt. Mithilfe einer Pumpe fließt das Wasser aus dem Fischbecken gleichmäßig durch das PVC-Rohr, um die Pflanzen mit Nährstoffen zu versorgen. Am Ende des Rohrs fließt das Wasser zurück ins Fischbecken.
Die Besonderheit dieses Aufbaus ist, dass es theoretisch beliebig erweiterbar ist – insbesondere in einem vertikalen Aufbau. Sofern es die Pumpleistung zulässt, kann das Wasser mehrere Meter in die Höhe ins erste Rohr gepumpt werden. Von diesem Rohr fließt es ins zweite Rohr, anschließend ins dritte Rohr und so weiter. Je nach Platz und Höhe ist hier eine Vielzahl an unterschiedlichen Aufbauten möglich.
Deep Water Culture (DWC)
Das Prinzip des Deep Water Culture Systems findet insbesondere in kommerziellen und größeren Anlagen Verwendung, da der Aufbau relativ günstig und einfach zu realisieren ist. Hierbei wird ein wannen-ähnliches Konstrukt errichtet (teilweise von mehreren Metern Länge), indem sich das nährstoffreiche Wasser befindet. Mithilfe von – in der Regel – Styroporplatten, die mit Löchern versehen wurden, “schwimmen” die Pflanzen innerhalb der Pflanztöpfe auf dem Wasser. Das System des DWC wird deshalb in vielen Kreisen auch Raft-System genannt (engl. raft = Schlauchboot).
Die Fische können sowohl in dem wannen-ähnlichen Konstrukt als auch in einem separaten Becken behalten werden. Je nach Aufbau kann sogar gänzlich auf eine Pumpe verzichtet werden. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass die Wurzeln frei im Wasser hängen, was die Ernte und das anschließende Säubern und Entfernen der Wurzeln im Gegensatz zum System mit Kies oder Blähton deutlich vereinfacht.
Neben all den Vorteilen gibt es bei diesem System allerdings einige Probleme und Nachteile:
Eines davon ist insbesondere die mangelnde Zufuhr von Sauerstoff. Aus diesem Grund werden hierbei des Öfteren sogenannte Belüftersteine verwendet, die elektrisch Sauerstoff ins Becken strömen lassen. Ein weiteres Problem besteht darin, dass die Stabilität der Pflanzen auf den Styropor-Platten eher mangelhaft ist. Hochwachsende Pflanzen, wie beispielsweise Tomatenpflanzen, sind hierfür eher nicht geeignet oder müssen regelmäßig mit Leinen und Seilen unterstützt werden. Zu guter Letzt ist Styropor ein bedenklicher Baustoff hinsichtlich der Lebensmittelverarbeitung. Um das Styropor sicher vor Feuer zu machen, wird es mit bestimmten Chemikalien überzogen, die sich sukzessive ans Wasser ablösen.
Aeroponic
Das Prinzip der Aeroponic lässt sich zweifelsohne bereits in die spezifischen Weiterentwicklungen und Optimierung der individuellen Bedürfnisse einiger Pflanzen gegenüber der herkömmlichen Aquaponic einstufen. Beispielsweise Kartoffeln und ähnliche Pflanzen, die Knollen und Rhizome ausbilden, haben bei ihrem Wachstum innerhalb eines Aquaponic-Systems ihre Probleme. Mithilfe eines Besprühens (engl.: spraying) können aber auch diese Probleme mittels Aeroponic behoben oder zumindest minimiert werden.
Weitere Designmöglichkeiten
Selbstverständlich ist diese Liste der Möglichkeiten eines Aquaponic-Systems bei Weitem nicht vollständig. Wie mehrfach betont, ist der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Beispielsweise gibt es Designs, die ausschließlich auf Regenfässer setzen (engl.: Barrel-Ponic, aus barrel = Fass) oder vielen Kombinationsmöglichkeiten unterschiedlicher Systeme.
Die Einführung des Sumpfbehältnisses
Bisher wurden ausschließlich Designmöglichkeiten mit zwei Behältnissen betrachtet: einem Fischbecken und einem Behältnis, in dem die Pflanzen wachsen können. In diesem Abschnitt soll kurz ein weiteres, drittes Behältnis angesprochen werden, durch das ein System erweitert werden kann – das Sumpfbehältnis (engl.: Sump Tank).
Der entscheidende Vorteil der Einführung eines Sumpfbehältnisses besteht darin, dass die Höhe des Wasserspiegels – insbesondere im Fischbecken – stets konstant bleibt. Nur dann, wenn Wasser von oben durch die Pumpe ins Fischbecken gelangt, fließt Wasser durch den Überlauf wieder zurück. Dies bedeutet einerseits weniger Stress für die Fische und andererseits ist das Becken selbst bei Versagen des Systems (bspw. durch Rohrbruch) mit Wasser gefüllt, da der Wasserstand niemals unterhalb des Überlaufs sinken kann.
Zusammenfassung:
- In der Aquaponic gibt es verschiedene System mit jeweiligen Vor- und Nachteilen, insbesondere im Preis, in der Schwierigkeit des Aufbaus und in der Eignung für bestimmte Pflanzen
- Der persönliche Geschmack ist ebenfalls ein wichtiger Faktor, ebenso die eigene Kreativität
- Die Wahl, ob ein flüssiges (Wasser) oder festes Medium (Kies/Blähton) für die Pflanzen verwendet wird, beeinflusst die Stabilität, aber auch das anschließende Säubern und Reinigen
- Unabhängig davon, welches Design gewählt, ist es von enormer Wichtigkeit, stets für eine ausreichende Sauerstoffzufuhr (Aeration) zu sorgen: je mehr im Wasser gelöster Sauerstoff, desto besser.
- Ein sogenanntes Sumpfbehältnis (Sump Tank) sorgt für konstante Wasserstände und dient als Schutz vor möglichen Un- und Ausfällen des Systems (Fehlerprävention).
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